Die 10 Grundsätze des Erziehens nach Maria Montessori:
1. Die Freiheit
2. Die Polarisation der Aufmerksamkeit
3. Die vorbereitete Umgebung
4. Der absorbierende Geist und die sensiblen Phasen
5. Regeln und Rituale
6. Lernen mit der Dreistufen-Lektion
7. Übungen der Stille
8. Isolation einer Eigenschaft im Material
9. Die neue Lehrerin – Kinder brauchen klare Erwachsene
10. Die Natur in der Erziehung
„Freiarbeit? Kann mein Kind dann machen was es will?“ – „Arbeit am Material? Wie sehe ich dann, was mein Kind lernt?“ … „Ich seh‘ es schon: mein Kind wird nur mit den Perlen spielen.“
Montessori sah es als Aufgabe der Pädagog*innen, die Lernumgebung des Kindes so zu gestalten, dass es sich in dieser frei entwickeln kann. „Hilf mir, es selbst zu tun!“ und „Das Kind ist Baumeister seiner selbst“ sind die wohl bekanntesten Zitate von Maria Montessori und spiegeln noch heute wider, was wir jedem Kind zugestehen wollen: die Entwicklung zum selbstständigen Kind mit einer großen Portion Selbstvertrauen.
Nach Montessori entwickelt das 6-12-jährige Kind eine Sensibilität für Abstraktion und Struktur sowie den Drang, die Welt nun zu erobern und sich Wissen anzueignen. Oberstes Ziel ist es, diese Freude am Lernen zu erhalten. Trotz dieser gemeinsamen „sensiblen Phase“ kommt jedes Kind mit anderen Voraussetzungen in die Schule und wir holen das Kind dort ab, wo es gerade ist. Im Sinne Montessoris bestimmt das Kind das Tempo, nicht der Erwachsene, um sich nach seinem individuellen Plan entfalten zu können. So fördert die freie Wahl der Arbeit die intrinsische Motivation, welche ein Kind intensiver arbeiten lässt, als wenn es ausschließlich vorgegebene Arbeit erledigen muss.
Kernstück der Montessori-Pädagogik ist die Freiarbeit, die an unserer Schule in allen Klassenstufen mindestens zwei Unterrichtsstunden täglich umfasst. Hier dürfen die Schüler*innen selbständig ihre Arbeit wählen.
Jedes Kind entscheidet auf der Grundlage des pädagogischen Angebotes (vorbereitete Umgebung), seines Interesses und seiner Fähigkeit, was es bearbeiten will, wie lange es sich dieser Arbeit widmet, in welchem Tempo es voranschreitet und ob es die Arbeit alleine oder kooperativ mit einem Partner oder einer Gruppe durchführt.
„Nicht das Kind soll sich der Umgebung anpassen, sondern wir sollten die Umgebung dem Kind anpassen.“ (Maria Montessori)
So unterschiedlich bunt jede Klasse an unserer Schule ist, so sehr haben sie alle etwas gemeinsam: die vorbereitete Umgebung für das Kind, mit einer geordneten Vielfalt an differenziertem Material.
In den Stunden der Freiarbeit, also der „freien Wahl der Arbeit“, sieht man die Kinder an den unterschiedlichsten Aufgaben: Während sich ein Kind mit den goldenen Perlen die Stellenwerte des Zehnersystems erarbeitet, hat das andere Kind am Bauernhof das Nomen kennengelernt. Gleichzeitig sitzen einige Kinder an Tischen, in Nischen oder auf dem Boden und sichern ihre Kenntnisse in ihren Heften und wieder andere Kinder bearbeiten in einer Partnerarbeit eine Leseaufgabe. Die Pädagoginnen und Pädagogen im Klassenraum unterstützen in dieser Arbeitsphase ganz individuell und geben jedem Kind Raum sich zu entfalten. Sie beobachten dabei das einzelne Kind und begleiten es auf dem persönlichen Lernweg.
„Die Freiheit unserer Kinder hat als Grenze die Gemeinschaft, denn Freiheit bedeutet nicht, dass man tut, was man will, sondern Meister seiner selbst zu sein.“
(Montessori, Grundlagen meiner Pädagogik, 1968)
Freie Wahl der Arbeit bedeutet demnach auch Bindung, unter anderem eine Bindung an Regeln und Absprachen:
„Wie soll denn mein Kind bewertet werden, wenn es doch ganz individuell und selbstbestimmt arbeitet?“ Diese Frage mag sich stellen, doch soll an dieser Stelle klar gesagt werden, dass auch an Montessori-Schulen Leistung erbracht werden muss.
Leistung ist eine Motivation des Kindes, lernen zu wollen, neue Wege einzuschlagen und seinem Bauplan folgend die Welt zu erobern. Und natürlich ist hier die Beobachtung der Pädagog*in als Expert*in für die Leistungsbeurteilung sehr wichtig.
An unserer Schule gibt es keine Notenzeugnisse. In der 1. Klasse findet am Ende des Schuljahres ein protokolliertes Gespräch mit den Eltern statt, in welchem auf Lernwege geschaut wird und Ziele vereinbart werden. In der 2. Klasse gibt es ein bilanzziehendes Gespräch zum Halbjahr mit den Eltern und ein schriftliches kompetenzorientiertes Zeugnis zum Ende des 2. Schuljahres. 3. – 6. Klässler*innen bekommen sowohl ein ausführliches persönliches Bilanzgespräch zum Schulhalbjahr als auch ein schriftliches kompetenzorientiertes Zeugnis am Schuljahresende.
In Bezug auf die zu erarbeitenden Lerninhalte gilt der Berliner Rahmenplan. Auch Klassenarbeiten werden in der in Berlin üblichen Anzahl ab Klasse 3 geschrieben. Es werden Vokabeln abgefragt und Vorträge gehalten, auch hier gibt es Beurteilungen, jedoch keine Noten. Eine differenzierte Leistungsbeurteilung und Feedbackkultur ist uns in jeder Hinsicht wichtig. Ab Klasse 3 präsentieren die Schüler*innen vor Eltern, Kindern und Pädagog*innen ihre Portfolioarbeit, die ebenfalls in die Bewertung einfließt.
Selbstverständlich beteiligen wir uns an standardisierten, landesweiten Vergleichsarbeiten (VERA 3) und Wettbewerben (Känguru der Mathematik e.V.).
„Jahrgangsübergreifendes Lernen (JüL)? Muss mein Kind dann immer anderen helfen?“
An unserer Schule arbeitet das Kind in einer altersgemischten, inklusiven Gruppe (1-3 und 4-6). Das Zusammenleben / und -arbeiten von Kindern unterschiedlichen Alters unterstützt in hohem Maße das soziale Lernen. Hier fällt als erstes “helfen und sich helfen lassen” ein. Die Kinder lernen aber auch “warten” oder “sich-durchsetzen” bzw. “Rücksicht nehmen” und “Rücksicht erfahren”. Sie durchlaufen verschiedene Phasen des Lernens und Arbeitens: Zuerst sind sie “Anfänger” (Lehrling), dann “Fortgeschrittener” (Geselle) und dann “Experte” (Meister) – jedes Kind befindet sich mal in einer dieser Phasen und je nach Kind darf diese Phase auch kürzer oder länger sein. Es ist immer wieder schön, wenn Schulanfänger in eine bestehende Gruppe kommen, begierig schauen, was die “Großen” machen (…). (www.meine-erfahrungen-mit-montessori.de)
Die älteren Kinder begleiten die jüngeren Kinder insbesondere zu Beginn des Schuljahres als Paten und erleichtern so in vieler Hinsicht den Einstieg, sowohl in 1-3 als auch in 4-6. Sie helfen bei Fragen und lernen gleichzeitig ihr Wissen so verständlich zu vermitteln, dass ihr Patenkind auch mal ohne die Lehrerin oder den Lehrer weiterarbeiten kann. So liegt der Lernprozess auf beiden Seiten, ohne das Neid empfunden werden muss, denn jedes Kind schlüpft zu seiner Zeit in seine passende Rolle.
Sonderpädagogische Fördermaßnahmen finden im Rahmen des gemeinsamen Unterrichts statt.
An der Grundstufe der Anna-Essinger-Gemeinschaftsschule werden die Inhalte des Faches Sachunterricht in den Klassen 1/2/3 und die Inhalte der Fächer Gesellschaftswissenschaften und Naturwissenschaften in den Klassen 4/5/6 unter dem von Maria Montessori geprägten Begriff „Kosmische Erziehung“unterrichtet.
Dazu werden den Schüler*innen die 8 großen „Kosmischen Erzählungen“ von Maria Montessori zweimal im Schuljahr durch Pädagog*innen dargeboten.
Die “Kosmischen Erzählungen” heißen:
1. Gott, der keine Hände hat
2. Die Entstehung des Universums
3. Vom Kommen des Lebens
4. Vom Kommen des Menschen
5. Von der Entstehung der Schrift
6. Von der Entstehung der Zahlen
7. Die Erzählung der Pflanzen
8. Der große Fluss
In den Klassen werden die sich aus den Erzählungen resultierenden Themen weiter bearbeitet. Dies kann in Projekten erfolgen oder aber die Kinder wählen sich individuelle Themen aus, die auch in einer Portfolioarbeit münden können.
LINK zu den Geschichten
Wir unterrichten über das Schuljahr verteilt epochal festgelegte Schwerpunktthemen (Kosmische Themen).
Unter Berücksichtigung der Inhalte des Rahmenlehrplans haben wir dafür einen Dreijahresrhythmus entwickelt. Hinzu kommen Verkehrserziehung, Themen der Medienbildung und weitere Wahlthemen. Den Kosmischen Themen sind die Kosmischen Erzählungen zugeordnet. Häufig ergeben sich die Themen für die Portfolioarbeiten der Schüler*innen aus der Kosmischen Erziehung heraus. Die Inhalte werden so durch die Schüler*innen selbst erweitert und ergänzt.
Der Unterricht gestaltet sich so, dass sich jede Klasse über einen geplanten Zeitraum hinweg intensiv mit einem Kosmischen Thema beschäftigt. Dabei wechseln sich gemeinsame Projektphasen und Phasen der Freiarbeit, in welchen die Schüler*innen individuell weiterarbeiten, ab. Fertige Arbeiten werden in einem Projektheft gesammelt, dass die Schüler*innen selber erstellen und am Ende stolz mit nach Hause nehmen. Den Abschluss eines Projektes kann auch eine Ausstellung sein, die im Foyer der Schule präsentiert wird oder ein Experimentier- oder Projekttag, den eine 456er-Klasse für eine 123er-Klasse veranstaltet.
Ein besonderes Highlight stellen Projektwochen dar, an welcher mehrere oder sogar alle Klassen der Schule übergreifend teilnehmen. Es wird angestrebt pro Schuljahr eine stattfinden zu lassen. Die Schüler*innen können hierbei eigene Schwerpunkte setzten, indem sie sich das oder die Angebote heraussuchen, die ihren Interessen entsprechen. Ein schöner Nebeneffekt, der dabei entsteht ist, dass über die Klassengrenzen hinaus neue Freundschaften entstehen können oder alte wieder aufgefrischt werden können.
Im Kosmischen Raum gibt es ca. 15 Arbeitsplätze für Laptops. Hier arbeiten die Kinder gerne zu verschiedenen Themen. Sie können Texte schreiben und ausdrucken, im Internet auf altersgerechten Seiten recherchieren und an diversen Lernprogrammen arbeiten. Jedes Kind arbeitet hier seinen Fähigkeiten entsprechend.
Bei einem Portfolio beschäftigen sich die Kinder über einen Zeitraum von mehreren Wochen intensiv mit einem Thema und dokumentieren dabei ihre Arbeit.
Ein wichtiges Ziel ist es, dass die Kinder sich intensiv mit ihrem Lerngegenstand auseinandersetzen und zu vorzeigbaren Ergebnissen nach Beratungsgesprächen mit der Lehrer*in gelangen. Die Selbständigkeit ist vor allem der Weg, gleichzeitig aber auch das Ziel.
Höhepunkt ist die Präsentation vor der Klasse und geladenen Gästen.
Ab Klasse 3 erlernen alle Kinder die Struktur einer Portfolioarbeit.Diese Struktur bleibt im Kern bis zu 6. Klasse erhalten, sie wird entsprechend nur komplexer.
Pro Schuljahr erarbeitet jede Schüler*in ein Portfolio. Das Spektrum reicht von Herzensthemen über Literaturportfolios bis zu vorgegeben Themenportfolios.
Die Schüler*innen sind dabei mit ihrem Thema, das sie sich selbst gewählt haben, stark identifiziert und leisten hervorragende Arbeit!
Portfolioarbeit ist, in diesem Zusammenhang betrachtet, Beziehungsarbeit: Die Schüler* innen treten in Beziehung mit dem Lerninhalt, mit ihrem/ ihrer Lernbegleiter*in und mit sich selbst!
Weiterhin ist motivierend, dass die Bewertung nicht wie üblich am Ende nach Abgabe der Arbeit, verläuft, sondern parallel zum Arbeitsprozess in mehreren begleitenden Gesprächen.
Dadurch haben die Schüler*innen die Möglichkeit, ihre Leistungen ständig zu verbessern und am Ende wirklich ein ausgezeichnetes Ergebnis abzugeben.
Im Laufe der Jahre habe wir an unserer Schule eine hohe Präsentationskultur entwickelt. Die Präsentationen finden bei uns in Form von kleinen Festen statt und stellen einen Höhepunkt in jedem Schuljahr dar.
Die Portfolioarbeit, als alternative Leistungsbewertung, ist fester Bestandteil unseres Bewertungssystems. Vor 15 Jahren haben wir sie, nach der Genehmigung durch die Senatsverwaltung, an unserer Schule eingeführt und sie hat sich bis heute bewährt!
Das ist sehr schön!
Aber das Schönste für uns ist, dass die Portfolioarbeit von den Schüler*innen mitgetragen und sogar eingefordert wird.
Zu jedem Schuljahresbeginn wird uns die Frage gestellt, wann denn die Portfolioarbeit beginnt!
Was können wir uns Besseres wünschen?